Symptombekämpfung
Ich erinnere mich noch gut an eine Begebenheit aus meiner Jugend: Ich hatte schon eine Weile nicht mehr zuhause gelebt, war aber gerade bei meiner Mutter zu Besuch.
Zu Mittag war mein Onkel eingeladen und wir standen in der Küche und plauderten.
Mein Onkel meinte dann zu mir: „Es ist schön zu sehen wie du dich machst. Du bist viel offener also früher und nicht mehr so introvertiert.“
Als ich das hörte musste ich mich innerlich schämen, wusste ich doch den wahren Grund meiner Veränderung. Man hat bei mir eine äußere Veränderung festgestellt, aber niemand wusste wie es in mir drin aussah.
Was mein Onkel nicht wusste war, dass ich einige Zeit zuvor in die Technoszene (1996) eingetaucht bin und dort es üblich war verschiedene Substanzen zu sich zu nehmen, die eben auch das Gemüt und die Redlichkeit beeinflusst hatten.
Mit diesem Beispiel aus meiner Vergangenheit geht es mir nicht darum zu zeigen was mit mir los war zu dieser Zeit, sondern ich möchte damit zeigen, dass der äußere Schein oft trügerisch ist.
Und hier verspüre ich eine gewisse Last auf dem Herzen, geht es in unserer Gesellschaft doch oft um Äußerlichkeiten und das macht auch vor den Kirchen und Gemeinden keinen halt.
In meiner Jugend hatte mich diese Art und Weise irgendwann abgestoßen und ich wollte nichts mehr von der Kirche und allem religiösem wissen. Dabei ging es bei mir persönlich nie darum die Existenz Gottes anzuzweifeln, auch hatte ich nie einen Groll gegen Gott. Ich wollte nur nichts mehr mit den „Christen“ zu tun haben. Das überall gepredigte: „liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ konnte ich im Leben der Gläubigen nicht finden.
Wahrscheinlich ist das auch ein Grund warum Gandhi sagte: „Ich mag Euren Christus, mir gefallen aber Eure Christen nicht. Eure Christen unterscheiden sich so sehr von Eurem Christus.“
Und hier nähern wir uns nun dem Begriff, den ich als Titel gewählt habe: Symptombekämpfung
Bevor ich jetzt näher auf den Begriff eingehe möchte ich zuerst einen Bibeltext zitieren:
Römer 3, 19-24 u. 27-28:
So sagt es das Gesetz, und wir wissen: Alles, was das Gesetz sagt, richtet sich an die, denen es gegeben wurde. Damit wird jeder Mund zum Schweigen gebracht, und die ganze Welt steht vor Gott schuldig da.
20 Niemand soll meinen, er sei dadurch, dass er bestimmte Gesetzesvorschriften einhält, vor Gott gerechtfertigt. Das Gesetz führt vielmehr dazu, dass man seine Sünde erkennt.
21 Doch jetzt hat Gott – unabhängig vom Gesetz, aber in Übereinstimmung mit den Aussagen des Gesetzes und der Propheten – seine Gerechtigkeit sichtbar werden lassen.
22 Es ist eine Gerechtigkeit, deren Grundlage der Glaube an Jesus Christus ist und die allen zugute kommt, die glauben. Dabei macht es keinen Unterschied,
23 denn alle haben gesündigt, und in ihrem Leben kommt Gottes Herrlichkeit nicht mehr zum Ausdruck,
24 und dass sie für gerecht erklärt werden, beruht auf seiner Gnade. Es ist sein freies Geschenk aufgrund der Erlösung durch Jesus Christus.
27 Hat da noch irgendjemand einen Grund, auf etwas stolz zu sein? Nein, das ist jetzt ausgeschlossen. Folgt das etwa aus dem Gesetz? Sofern das Gesetz zu bestimmten Leistungen auffordert: nein; sofern das Gesetz jedoch zum Glauben auffordert: ja.
28 Denn wir gehen davon aus, dass man aufgrund des Glaubens für gerecht erklärt wird und nicht, weil man bestimmte Gesetzesvorschriften einhält.
(Genfer Übersetzung)
Welche Situation haben wir hier?
Man geht davon aus, dass Paulus diesen Brief an die Gemeinden in Rom gesendet hatte, bevor er jemals dort war. Das Christentum hat sich dort also ohne sein Zutun verbreitet. Womöglich wurden die Christen in Rom durch Juden, Juden Christen und „Heiden Christen“ geprägt. Es gab also eine interessante, vielleicht sogar angespannte Mischungen verschiedener Ansichten.
Da sie Paulus nicht persönlich kannten, musste er behutsam in dem Brief mit ihnen umgehen, dennoch fühlte er sich dazu gedrungen Missverständnisse im Evangelium anzusprechen und zu korrigieren.
Ich kann mir das richtig lebhaft vorstellen, auch in unserer Zeit geht es ja manchmal drunter und drüber. Die einen sagen wir müssen dies tun, die anderen sagen wir müssen das lassen.
Zu Zeiten des Römerbriefes ging es um die Frage wie die Christen in Rom, welche vorwiegend Heiden Christen waren, mit dem Gesetz, welches den Juden gegeben wurde, umzugehen haben.
In Vers 19 und 20 macht Paulus gleich klar, dass das Gesetz nicht geben wurde um uns dahin zu bringen das, wenn wir uns danach halten, vor Gott gerecht werden. Nein es macht klar, dass alle Menschen das Gesetz verfehlen.
Schon im alten Testament, in Prediger 7,20 heißt es: Weil kein Mensch auf Erden so gerecht ist, dass er Gutes tut, ohne zu sündigen.
In Vers 20 finden wir zudem den Sinn des Gesetzes: Das Gesetz soll uns helfen unsere Sünden zu erkennen. Es dient also als Spiegel für uns.
Auch Jesus macht uns in der Bergpredigt (in Matthäus 5-7) darauf aufmerksam, was es wirklich bedeutet das Gesetz zu halten. Er sagt: Es wurde gesagt du sollst nicht töten, ich aber sage euch Jeder der seinem Bruder ohne Ursache zürnt, wird dem Gesetz verfallen.
Ich glaube hier sollte uns allen klar werden, dass wir nicht den Anspruch erfüllen, der das Gesetz an uns stellt.
Doch in Vers 21 bis 24 macht uns Paulus Hoffnung. Denn er sagt, dass die Rechtfertigung vor Gott ein reines Geschenk ist (Vers 24). Unabhängig vom Gesetz (Vers 21) und doch in Übereinstimmung mit den Aussagen des Gesetzes und den Schriften der Propheten. Alle haben gesündigt (Vers 23), doch durch den Glauben an Jesus Christus (Vers 22) werden wir für gerecht erklärt.
Für mich steckt hier etwas wunderbares drin. Zum einem macht es alle Menschen gleich. Ob jetzt jemand in Zehnter Generation Christ ist und jedes Wochenende in die Kirche geht, oder ein Massenmörder, vor Gott sind alle gleich und alle haben seinen Anspruch an Gerechtigkeit verfehlt, aber Jeder der Jesus als seinen Erlöser annimmt und an Ihn glaubt wird für gerecht gesprochen. Ich muss mich also nicht erst anstrengen und hoffen dass mich Gott vielleicht irgendwann, wenn ich einen gewissen Grad an Religiosität erreicht habe, annimmt.
Vers 27 und 28 untermauern das noch einmal. Gott hat uns die Möglichkeit geben frei zu sein, ich darf ohne alles zu Ihm kommen und sein Geschenk annehmen.
Diese Freiheit ermöglicht es mir erst Ihn zu lieben. Das Prinzip der Liebe muss immer auf Freiheit beruhen und Gott hat dafür gesorgt, dass wir völlig frei sein können.
Doch was hat das jetzt mit unserer Überschrift zu tun?
Symptombekämpfung…
Wie die Juden damals in Rom vielleicht die Christen beeinflussten und ihnen Lasten auferlegen wollten, mit allen möglichen Gesetzen und Regeln, geht es in unseren Reihen auch oft zu. Dem einen passt vielleicht nicht, dass ich mit einer Jeans in den Gottesdienst gehe, mir gefällt nicht wie oberflächlich andere sind. Ein dritter muss immer wieder diskutieren und andere davon überzeugen dass sie falsch liegen.
Wir legen den anderen Lasten auf und behaupten dadurch auch noch, dass sie dadurch vor Gott gerecht werden. Den Kern des Problems gehen wir dadurch jedoch nicht an.
Wie Ärzte oft lediglich Symptome behandeln und nicht der Ursache auf den Grund gehen, beurteilen wir Menschen nach ihrem Äußeren und meinen zu wissen was das Richtige für sie sei.
Doch was ist wirklich der Kern unseres Problems?
Als Gott die ersten Menschen erschaffen hatte, wurden diese mit einer natürlichen Verbindung zu Gott ins Leben gerufen. Doch der Mensch hat sich damals gegen Gott entschieden, somit sind wir als seine Nachkommen mit einer natürlichen Trennung zu Gott auf die Welt gekommen.
Um das zu verdeutlichen, ein paar Illustrationen:
Wir sind hier auf der linken Seite, wenn wir geboren werden, und Gott ist auf der rechten Seite.
Im Theologischen wird ein Unterschied zwischen der Sünde und die Sünden gemacht. Sünde, Einzahl, beschreibt unseren Zustand in dem wir als natürlicher Mensch leben. Es heißt wir sind getrennt von Gott. Man kann Sünde auch übersetzten mit: daneben zielen, oder verfehlen. Wir sind also nicht da wo unser Schöpfer uns eigentlich haben wollte, nämlich bei Ihm.
Die Sünden, Mehrzahl, sind die Verfehlungen die wir begehen, wenn wir nicht nach Gottes Satzungen handeln. Aus Gottes Wort lernen wir, dass sie uns weiter von Gott weg bringen und immer im Leid und Schmerz enden.
Erst Jesus und sein Tod am Kreuz machen es uns möglich vor Gott Gerechtigkeit zu erlangen und mit Ihm im Einklang zu leben.
Das heißt nicht, dass wir nicht mehr sündigen werden, aber wir werden nicht mehr in der Sünde leben können.
Um es noch mal anders darzustellen:
Wir können uns das auch so verstellen dass wir hier auf dem rechten Weg geboren werden.
Wir können uns vielleicht anstrengen und versuchen Gott näher zu kommen, aber aus eigener Kraft werden wir nicht auf Seinen Weg kommen.
Wir leben abgetrennt von Ihm.
Erst durch Jesus können wir ein Leben mit Gott führen. Erst wenn wir Ihn, durch eine aktive Entscheidung annehmen, sind wir Gerechtfertigt. Wir können viel an den Sünden herum doktern, aber wenn wir aus dem Zustand der Sünde nicht herauskommen, ist alles umsonst.
Die Sünde ist es die uns von Gott trennt, und Sünden sind es die uns von Ihm entfernen.
Der Pfarrer Wilhelm Busch hat einmal gesagt das Gott, als er den Menschen geschaffen hat, in ihn eine Sehnsucht hinein gelegt hat. Eine Sehnsucht danach mit Gott Gemeinschaft zu haben. Bei manchen Menschen zeigt sich das durch ein Leere die sie immer wieder mal, in stillen Momenten, verspüren. Bei anderen zeichnet sich das durch eine Rastlosigkeit aus. Die Menschen versuchen dann mit allen möglichen Mitteln diese Sehnsucht zu stillen, mit Alkohol, Drogen, Partys, Sex, usw..
Es scheint auch eine Zeit lang zu funktionieren, bis dann irgendwann die Ernüchterung kommt.
Oft geht diese Sehnsucht auch mit einem Gefühl von Einsamkeit daher, auch hier ist der Mensch erfinderisch um diese Einsamkeit überwinden zu wollen.
Der Humanist und Psychoanalytiker Erich Fromm beschrieb dieses Phänomen als ein Gefühl von Abgetrenntheit, dass er in Verbindung mit der Entbindung aus dem Mutterleib gebracht hat. Auch er sprach davon wie der Mensch alles mögliche versucht diese Abgetrenntheit zu überwinden.
Heute bin ich davon überzeugt, dass wir Menschen eine Sehnsucht nach dem Verbundensein mit Gott haben, aber leider interpretieren wir diese Sehnsucht falsch, was dazu führt dass wir immer wieder Neuem nachjagen, ohne jemals dauerhaft befriedigt zu sein.
Was ist, wenn uns Gott mit einer bestimmt Absicht geschaffen hat, einer Absicht die uns erfüllt, uns Frieden schenkt und glücklich macht. Gott möchte, dass wir uns an Ihm erfreuen und hierzu möchte ich uns alle einladen.
Es ist eine ernste Sache, Gott möchte nicht nur einen kleine Teil unsres Lebens, er möchte uns ganz haben, aber in dem wir bereit sind alles Ihm zu geben, werden wir noch viel mehr von Ihm erhalten. Lasst uns Ihm vertrauen, Er der uns gemacht hat, weiß doch am besten, was uns wirklich glücklich macht.